Fast wären die Ausgrabungen von Carteia dem Ausbreitungsdrang einer großen Ölraffinerie zum Opfer gefallen, aber die archäologische Stätte wurde gerade noch rechtzeitig als kulturelles Erbe ausgewiesen. So kann man heute noch die punischen, römischen und westgotischen Ruinen der Stadt bewundern.
Die strategische Lage von Carteia erkannten bereits die Punier, die hier im 6. Jahrhundert v. Chr. eine Siedlung errichteten. Auf einer Anhöhe über der Flussmündung des Guadarranque gelegen, war sie einerseits geschützt durch die Bucht von Algeciras, in der ganze Flotten ankern konnten, und kontrollierte andererseits die Straße von Gibraltar. Der Name der Siedlung ist phönizischen Ursprungs (K’rt = Stadt).
Nachdem die Römer 206 v. Chr. im 2. Punischen Krieg die Karthager in der Seeschlacht von Carteia besiegt hatten, wurden hier um 190 v. Chr. Veteranen angesiedelt und hierzu eine neue Stadt mit repräsentativen öffentlichen und privaten Bauten angelegt. Da die Veteranen oft Verbindungen mit einheimischen Frauen eingingen, die Frauen und die Kinder dadurch aber nicht das römische Bürgerrecht erhielten, baten die Bewohner Carteias den römischen Senat, die Stadt als römische Kolonie anzuerkennen und somit alle Einwohner zu römischen Bürgern zu machen. 171 v. Chr. erhielt Carteia den Titel Colonia Latina Libertinorum Carteia und wurde somit die überhaupt erste römische Kolonie außerhalb Italiens.
Vor allem in den Jahren der römischen Republik war Carteia eine blühende Handelsstadt, was sie vor allem ihren zahlreichen Fischverarbeitungsbetrieben, der Purpurschneckenfischerei und dem Handel mit Wein und Olivenöl zu verdanken hatte. In den letzten Jahren der römischen Republik diente Carteia dem Konsul Pompeius als Standort bei seinem Kampf gegen die Piraten des Mittelmeers und später auch als Zuflucht für Pompeius‘ Söhne im römischen Bürgerkrieg gegen Caesar.
Die Stadt bestand auch über die Herrschaft der Römer hinaus weiter und wurde im 5. Jahrhundert n. Chr. von den Westgoten und ab dem 7. Jahrhundert n. Chr. von den Arabern besiedelt, die von hier ausgehend die iberische Halbinsel eroberten. Auch nach der Reconquista gehörte Carteia vor allem in militärischer Hinsicht zu einem der wichtigsten Stützpunkte an der Küstenlinie, was sich an verschiedenen Verteidigungsanlagen wie dem Torre del Rocadillo aus dem 16. Jahrhundert und mehreren Bunkern aus dem 2. Weltkrieg zeigt.
Nach ersten Grabungen um 1960 wurde das Gelände 1969 zu einem archäologischen Denkmal erklärt und für die Öffentlichkeit freigegeben. Auch heute finden immer noch weitere Ausgrabungen statt.
Obwohl das Gelände inmitten einer großen Ölraffinerie liegt, sind heute noch einige der wichtigsten römischen Bauwerke zu erkennen. Vor allem das Forum mit Resten eines Tempels, von Wohnblocks und einer westgotischen Nekropole, sowie die öffentlichen Thermen, ein großes Stadthaus, das römische Theater, Reste der punischen und römischen Stadtbefestigung und eine Fischfabrik können heute noch besichtigt werden.
Die Ausgrabungen der Enklave von Carteia sind von Mittwoch bis Sonntag vormittags geöffnet. Der Eintritt ist frei und ist nur mit einer ebenfalls kostenlosen Führung möglich (Deutsch, Englisch, Spanisch, Französisch), die rund 50 Minuten dauert und stündlich beginnt.
Lage: Enclave Arqueológico De Carteia, Avenida del Puerto, 11369 San Roque
Links: www.andalucia.org/de/san-roque-kultureller-tourismus-enclave-arqueologico-de-carteia; www.sanroque.es/tourism/carteia-roman-san-roque?language=en