Die Vestalinnen waren die angesehensten Frauen Roms: sie hüteten das Tag und Nacht brennende Heilige Feuer, ein Symbol für das „Lebenslicht“ Roms. Das Verlöschen der Flamme war ein unheilvolles Omen, für das die diensthabende Vestalin schwer bestraft wurde.
Der Überlieferung nach begründete der zweite König von Rom, Numa Pompilius, um ca. 700 v. Chr. den Vesta-Kult. Er bestimmte, dass seine Töchter das Herdfeuer in seinem Haus nie verlöschen lassen durften. Daraus entwickelte sich der Kult zu Ehren der Göttin Vesta, in deren Tempel in einer Kohlenpfanne das Heilige Feuer brannte, das von anfangs 6, in späterer Zeit 7 jungfräulichen Priesterinnen (virgo vestalis) bewacht wurde.
Die Vestalinnen stammten aus dem Patrizierstand und mussten mindestens 30 Jahre lang ihren Dienst versehen. Ließen sie das Feuer ausgehen, wurden sie dafür ausgepeitscht. Auch wenn eine Vestalin ihre Jungfräulichkeit verlor, wurde sie dafür bestraft und lebendig begraben. Die Priesterinnen besaßen jedoch einen hohen gesellschaftlichen Status (vergleichbar dem eines Mannes), wurden von Liktoren begleitet und saßen im Circus auf Ehrenplätzen.
Durch das offene Feuer war der Vesta-Tempel besonders feuergefährdet und brannte im Laufe der Zeit mehrmals ab. Er wurde auch 64 n. Chr. beim großen Brand von Rom zerstört und von Kaiser Nero als Rundtempel wieder aufgebaut. Sein heutiges Aussehen stammt aus dem Jahr 191 n. Chr. als Julia Domna, Ehefrau von Kaiser Septimius Severus, den erneut durch Brand beschädigten Tempel nach diesem Vorbild neu errichten ließ. Er wurde bis zum Ende des 4. Jahrhunderts n. Chr. genutzt.
Das Podium mit 20 korinthischen Säulen bestand aus mit Marmor verkleidetem Gussbeton und hatte einen Durchmesser von ca. 15 Metern. Das Dach war oben offen, damit der Rauch des Heiligen Feuers abziehen konnte. In einer unter dem Tempel liegenden Schatzkammer wurde das Palladium aufbewahrt, ein Götterbild der Minerva, das der Sage nach von Aeneas aus Troja hierher gebracht worden war.
Direkt neben dem Tempel lebten die Priesterinnen im Haus der Vestalinnen (atrium vestae). Die etwa 50 mit Heizungen und Bädern luxuriös ausgestatteten Gemeinschafts- und Privaträume lagen dabei auf 3 Etagen rund um einen schönen Innenhof mit 3 Wasserbecken und Statuen von ehemaligen ranghohen Vestalinnen.
Als die Priesterschaft der Vestalinnen mit der Einführung des Christentums als Staatsreligion im späten 4. Jahrhundert endete, diente das Haus der Vestalinnen kaiserlichen Beamten als Residenz.
Der Tempel der Vesta wurde 1930 partiell rekonstruiert. Dabei konnten 3 der Säulen, ein Teil der Cella und Teile des Podiums wiederhergestellt werden. Den Innenhof des Hauses der Vestalinnen kann man heute leider nur von außen betrachten.
Der Tempel der Vesta und das Haus der Vestalinnen ist Teil des Parco archeologico del Colosseo, der gegen Eintrittsgebühr besucht werden kann (z.B. mit einem 24h-Kombiticket für Kolosseum, Forum Romanum und Palatin).
Lage: Tempio di Vesta e Casa delle Vestali, Parco archeologico del Colosseo, 00186 Roma (im südlichen Bereich des Parco archeologico del Colosseo zwischen der Regia und dem Palatin)
Link: parcocolosseo.it/en/marvels/temple-of-vesta-and-vestal-house-atrium-vestae