Die Fresken in der Villa der Mysterien gehören wohl zu den beeindruckendsten und besterhaltenen Wandmalereien der Ausgrabung von Pompeii. Die mystischen Szenen, denen die Villa ihren heutigen Namen verdankt, zeigen Initiationsriten rund um den Dionysos-Kult.
Die etwa 300 Meter außerhalb der Stadtmauern gelegene Villa wurde im 3. Jahrhundert v. Chr. als Vorortvilla (villa suburbana) errichtet und im 2. Jahrhundert zu einem Gebäudekomplex umgebaut, der allein im Erdgeschoss über 60 Räume besaß und eine Fläche von gut 1800 Quadratmeter umfasste. Sie diente ihrem Besitzer Istacidius sowohl als Landsitz als auch zum Anbau von Oliven und Wein.
Die Villa wurde 1809 entdeckt und 1909-1910 und 1929-1930 ausgegraben. Man fand hierbei Zerstörungen aus der Zeit des Erdbebens von 62 n. Chr., die noch nicht ganz beseitigt waren – ein Glück für die Archäologen, denn offenbar war man gerade bei der Reparatur und dem Umbau der Villa und hätte dabei sicher auch die einzigartigen Fresken im Triklinium zerstört und durch „modernere“ ersetzt.
Zu beiden Seiten des ursprünglich im Osten gelegenen Eingangs lagen Wirtschafts- und Lagerräume, ein Weinkeller, Sklavenquartiere, eine Küche mit Backöfen, ein Badetrakt (balneum), eine Latrine, ein Lararium sowie eine Kelter (torcularium), in der man bei den Ausgrabungen eine Weinpresse fand. Über einen Durchgang gelangte man in den großen zentralen Peristylhof und weiter in das Atrium im toskanischen Stil, um das sich Wohnräume (oecus), Schlafzimmer (cubiculum), ein Empfangsraum (tablinum) und ein Speisezimmer (triclinium) gruppierten. Im Westen befand sich ein Cryptoportikus und dahinter eine Terrasse mit Garten (viridarium) und Blick auf das Meer. In der im Süden an den Garten anschließenden Kolonnade befindet sich heute der Eingang zur Villa. Im Obergeschoss lagen weitere Räume, die voraussichtlich dem Verwalter (procurator) vorbehalten waren.
Die zwischen 80 und 70 v. Chr. entstandenen Fresken im Triklinium (auch „Saal der Mysterien“ genannt) wurden im für seine Architektur- und Illusionsmalerei bekannten „zweiten Stil“ gestaltet. Sie gehören zu den am besten erhaltenen und beeindruckendsten Fresken Pompeiis, wenn nicht sogar der der römischen Antike. Die insgesamt etwa 17 Meter langen und 3 Meter hohen Fresken, die um den gesamten Raum laufen, zeigen Darstellungen zu den Mysterien und Initiationsriten des griechisch-römischen Dionysos-Kultes (lat. Bacchus) und zeichnen sich durch eine außergewöhnlich lebendige und kunstvolle Gestaltung aus.
Direkt links neben der Tür ist eine sitzende Matrone abgebildet, die die Szenen des Raumes betrachtet. Auf der linken Raumseite zeigen diese die Verlesung eines Rituals der Brautmysterien, eine Schwangere mit einer Opferschale, die Vorbereitung eines rituellen Göttermahles, einen die Lyra spielenden Silenus, einen Faun, der ein Hirschkalb säugt und eine Mänade, die erschrocken einen Mantel über sich zieht.
Auf den Fresken an der Stirnseite des Raumes ist links Silenus in Begleitung von zwei Satyrn mit einer Weinschale und einer Maske in den Händen dargestellt. Daneben liegt Dionysos an seine sitzende Braut Ariadne gelehnt und auf der rechten Seite verhüllen eine Frau und eine geflügelte Gestalt einen Phallus, das Symbol für die Schöpfungskraft der Natur, mit einem Tuch.
Auf der rechten Seite des Raumes ist links die rituelle Geißelung eines über den Knien einer Frau liegenden Mädchens neben tanzenden Bacchantinnen abgebildet. Rechts neben dem Fenster wird eine Frau gerade von einer Sklavin gekämmt, vielleicht als Vorbereitung für ihre Hochzeit.
Auch das angrenzende Cubiculum ist mit Dionysosmotiven im zweiten Stil gestaltet. Die Fresken im Tablinum hingegen wurden erst später im „dritten Stil“ gemalt und zeigen Miniaturen mit ägyptischen Motiven auf schwarzem Grund.
Die Villa der Mysterien ist während der Öffnungszeiten des Archäologischen Parks geöffnet.
Lage: Villa dei Misteri, Suburba/Villa 24, Am Ende der Via delle Tombe, Parco Archeologico di Pompei, 80045 Pompei
Link: pompeiisites.org/en/archaeological-site/villa-of-the-mysteries