Wasserkastell am Vesuv-Tor (Castellum Aquae)

Römische Provinz: Italia

Das Wasser aus dem Serino-Aquädukt versorgte ganz Kampanien und wurde in Pompeii in diesen zentralen Wasserverteiler geleitet, der sich am höchsten Punkt der Stadt befand. Durch ein ausgeklügeltes System konnten einzelne Verteilerrohre verschlossen werden, so dass bei Wasserknappheit nur noch die öffentlichen Brunnen versorgt wurden.

Das Wasserkastell (castellum aquae) am Vesuv-Tor, dem mit 42 Höhenmetern höchsten Punkt der Stadt, stammt aus augusteischer Zeit und wurde aus Ziegeln errichtet. Der quaderförmige Zweckbau mit seiner schlichten Bogenfassade diente als Hauptverteiler für die gesamte Wasserversorgung der Stadt, hatte eine Fläche von 1,2 x 1,5 Metern und war 6 Meter hoch. Sein rundes Verteilerbecken hatte einen Durchmesser von etwa 5,70 Metern und war 4,30 Meter tief.

Während der Samnitenzeit im 2. Jahrhundert v. Chr. wurde Pompeii über etwa 30 Meter tiefe Grundwasserbrunnen oder das von den Hausdächern in Zisternen aufgefangene Regenwasser versorgt. Erst durch die um 35 v. Chr. unter Kaiser Augustus errichtete Aqua Augusta konnte der wachsende Wasserbedarf von Pompeii und der gesamten Region gedeckt werden.

Diese etwa 96 km lange Wasserleitung begann an der auf 376 Metern Höhe gelegenen Quelle Fons Augustus aus Serino in den Bergen bei Avellino und endete an der Piscina Mirabilis von Misenum. In einer eckigen Wasserinne floss das Wasser größtenteils unterirdisch, aber auch durch Tunnel oder über Aquädukte entlang der Nordhänge des Vesuvs in einem weitverzweigten, rund 145 km langen Leitungsnetz nach Westen. Sie versorgte dabei unter anderem die Städte Nola, Pompeii, Acerra, Celenna, Herculaneum, Neapolis, Puteoli, Cumae, Baiae, Misenum und die Insel Nisida.

Das in Pompeii ankommende Wasser der Aqua Augusta wurde zunächst in ein Wasserbassin aus Metall geleitet, wo es durch mehrere Rechen lief, um Blätter oder Sand herauszufiltern. Danach floss es weiter in das Verteilerbecken, in dem das Wasser gestaut und über 3 Verteilerrohre weitergeleitet wurde, die jeweils separat geöffnet oder geschlossen werden konnten. Diese waren auf unterschiedlichen Höhen angesetzt, so dass bei Wasserknappheit zunächst die oberste Leitung trockenfiel, über die verschiedene Privathaushalte angeschlossen waren. Das mittlere Rohr führte zu öffentlichen Bauten (z.B. den Thermen), während das unterste Rohr die öffentlichen Brunnen versorgte, die dadurch immer „Vorrang“ hatten. Lief das Becken bei starken Regenfällen über, wurde der Überschuss über außenliegende Rohre (fistulae aquariae) auf die gepflasterten Straßen geleitet und trug so zur Straßenreinigung bei. Weitere 14 Unterverteiler, die meist an Straßenkreuzungen lagen, verteilten das Wasser über Ton- oder Bleileitungen in alle Regionen der Stadt.

Das 1902 ausgegrabene Wasserkastell und ein großer Teil der Wasserleitungen der Aqua Augusta wurden beim Erdbeben von 62 n. Chr. stark beschädigt und waren zur Zeit des Vesuvausbruchs vermutlich nicht in Betrieb, so dass die Bewohner auf Grundwasserbrunnen und das über die Dächer gesammelte Regenwasser ausweichen mussten.

Das Wasserkastell ist nur von außen zu besichtigen, ein Fenster erlaubt aber einen Blick ins Innere.

Lage: Castellum Aquae, Regio VI, Am Ende der Via del Vesuvio bzw. des Vicolo dei Vetti an der Porta Vesivio, Parco Archeologico di Pompei, 80045 Pompei

Link: pompeiisites.org/en/archaeological-site/castellum-aquae