Die Wäscherei des Stephanus war ursprünglich ein großes Wohnhaus, das zu einer Großwäscherei umgebaut wurde. Hier wurden die Wäschestücke in vergorenem Urin eingeweicht, dann gestampft, gewaschen und getrocknet oder neu gewebte Stoffe entfettet – trotz des wohl unvermeidlichen Gestanks ein offenbar recht einträgliches Geschäft.
Die zentral gelegene Großwäscherei, die noch außergewöhnlich gut erhalten ist, wurde in den späten Jahren von Pompeii in einem ehemaligen Wohnhaus eingerichtet und ab 1912 ausgegraben. Auf den Namen des Besitzers, Stephanus, weist eine Inschrift mit Wahlempfehlungen auf der Fassade hin.
In der Stephanus-Fullonica sorgten die Tuchwalker (fullones) nicht nur für saubere Togen und Tuniken der Bewohner und entfernten das Wollfett aus neu gewebten Stoffen, sondern kümmerten sich nebenbei auch für die Entsorgung des Urins von Mensch und Tier. Dies scheint ein äußerst einträgliches Geschäft gewesen zu sein: Kaiser Vespasian führte sogar eine „Latrinensteuer“ ein, um getreu dem Motto „Geld stinkt nicht“ (pecunia non olet) seine leeren Staatskassen aufzufüllen.
Der Urin wurde dazu in Amphoren gesammelt, die an vielen Häuserecken aufgestellt waren. Nach der Vergärung wurde die Wäsche in großen Steinwannen zunächst in der ammoniakhaltigen Flüssigkeit eingeweicht und danach mit bloßen Füßen gestampft. Nach dem Spülen mit sauberem Wasser wurde sie dann in einer Presse geglättet oder auf der Terrasse zum Trocknen aufgehängt.
Neben dem Eingangsbereich, in dem man bei den Ausgrabungen die Reste einer Spindelpresse (torcular) zum Glätten von Stoffen fand, lag das Büro, in dem man seine Wäsche abgab und wieder abholte. Die Wände dieses Raums sind im unteren Bereich mit kleinen Figuren auf roten Paneelen geschmückt, im oberen Bereich sind Vögel und Architekturmotive auf weißem Grund zu sehen.
Im anschließenden großen Atrium wurde das Impluvium durch eine große Waschwanne ersetzt, die wie auch die Wände mit Vogelmotiven auf rotem Grund verziert war. Hier wurden empfindlichere oder nur wenig verschmutzte Stücke gewaschen.
Neben dem Atrium lagen ein ehemaliges Wohnzimmer (oecus), dessen Wände ebenfalls mit Fresken bemalt waren. Im Süden lagen ein Nebenraum und ein Empfangsraum (tablinum). Hier wurden die Stoffe gebürstet, gebleicht, gefärbt oder ausgebessert.
Ein Korridor führte in den hinteren Bereich des Hauses in einen Peristylhof mit Garten, der Zugang zu den restlichen Räumen des Hauses bot. Hier lag das ehemalige Speisezimmer (triclinium) und am hinteren Ende die eigentlichen Reinigungsbereiche. Hier gab es 5 kleinere, ovale Becken, in denen die Wäsche von Sklaven mit bloßen Füßen gestampft wurde, und 3 große, miteinander verbundene Becken (lacunae), in denen die Stoffe anschließend saubergespült und im Garten aufgehängt wurden. In einem Nebenraum lagerten Amphoren mit Urin und Reinigungsmitteln, es gab außerdem eine Küche und eine Latrine.
Die noch sehr gut erhaltene Stephanus-Fullonica ist während der Öffnungszeiten des Archäologischen Parks geöffnet.
Lage: Fullonica di Stephanus, Regio I/Insula 6.7, Via dell’Abbondanza, Parco Archeologico di Pompei, 80045 Pompei
Link: pompeiisites.org/en/archaeological-site/fullery-of-stephanus