Haus der Hirsche

Römische Provinz: Italia

Ein Stempel in einem verkohlten Brotlaib, der bei den Ausgrabungen im Haus der Hirsche gefunden wurde, gibt Aufschluss über den möglichen Besitzer dieses ausgesprochen luxuriös eingerichteten Hauses, das in bester Lage direkt am Meer lag.

Das Haus der Hirsche, das bisher größte in Herculaneum ausgegrabene Privathaus, nimmt mit knapp 1200 Quadratmetern Fläche ein gutes Viertel der Insula IV ein. Es wurde während der Regierung von Kaiser Claudius oder von Kaiser Nero Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. erbaut, d.h. nur wenige Jahrzehnte vor dem Vesuvausbruch, und besaß mehr als 15 Räume, die größtenteils mit exquisiten Mosaikböden und aufwendigen Wandmalereien geschmückt waren.

Der Besitzer gehörte wohl dem Stadtrat an und muss ein sehr reicher Mann gewesen sein. Wir kennen sogar seinen Namen: Quintus Granius Verus, denn ein hier gefundener, karbonisierter Brotlaib war mit „Eigentum des Celer, Sklave des Q. Granius Verus“ gestempelt. Celer war wohl der erst kürzlich freigelassene Koch des Hausherrn, der sich voller Stolz auf dem Brotlaib verewigt hatte.

Vom Eingang am Cardo V. gelangte man über einen Korridor in das überdachte Atrium, von dem eine Treppe zu einer Galerie im Obergeschoss und zu den Gesinderäumen führte. Über einen langen Korridor erreichte man die restlichen Räume des Hauses, die sich um den großen, opulent bemalten Speisesaal (triclinium) im Zentrum gruppierten und aus einem Empfangsraum (tablinum), einer Küche, Lagerräumen, einem kleinen Privatbad und mehreren Schlafräumen (cubiculum) bestanden.

Mehrere Durchgänge öffneten sich vom Wohnbereich in den südlich gelegenen zentralen Garten. Der mittlere Durchgang am Triklinium war dabei mit einem großen Portal versehen, auf dessen Giebel ein Mosaik den Meeresgott Oceanus und auf Seepferchen reitende Amoretten darstellte.

Der riesige Peristylgarten, der zu den schönsten in Herculaneum gehört, war auf allen 4 Seiten mit einem überdachten Portikus (cryptoporticus) umgeben, der einen mit schwarz-weißen belegten Mosaikboden besaß. Fenster erlaubten den Blick in den Garten und die Wände waren mit 60 kleinen und außergewöhnlich detailreich gestalteten Tafeln dekoriert, auf denen Szenen mit Amoretten oder Stilleben dargestellt waren. Die meisten wurden jedoch im 18. Jahrhundert entfernt und man findet heute viele davon im Nationalmuseum in Neapel (MANN).

An der Südseite des Gartens, gegenüber dem Triklinium, lag ein von zwei kleinen Räumen flankiertes Sommertriklinium (oecus cyzicenus), ein großer Raum mit bis zum Boden reichenden Fenstern, die den Gästen einen herrlichen Blick auf den Garten ermöglichten, aber auch auf die zum Meer hin gelegene Panoramaterrasse mit überdachtem Pavillon und zwei kleineren Ruheräumen (diaeta). Einige der exquisiten Marmorskulpturen, darunter eine Jagdszene mit Hirschen und Hunden, denen das Haus seinen Namen verdankt, wurden im Garten als Kopie wieder aufgestellt. Auch einen runden Marmortisch mit Beinen in Form von Raubkatzen, einen Satyr mit Weinschlauch und einen Herkules, beide offensichtlich im stark angetrunkenen Zustand, kann man heute im Garten bewundern.

Lage: Casa dei Cervi, Insula IV.21, Parco Archeologico di Ercolano, Corso Resina 187, 80056 Ercolano