Nach heutigen Wissenstand ist das Kastell in Pohl die wohl authentischste Rekonstruktion eines Holz-Erde-Kastells aus der frühen Limes-Ausbauphase. Es wurde unter wissenschaftlicher Begleitung und nach mehrjähriger Planungszeit mithilfe antiker Techniken innerhalb von 2 Jahren erbaut.
Das ursprüngliche römische Auxiliarkastell Pohl lag etwa 150 Meter südöstlich des heutigen Kastell-Nachbaus auf einer kleinen Anhöhe und ist heute teilweise überbaut. Die Lage war strategisch günstig, denn hier machte der Limes einen Bogen, an dem sich auch ein Limesübergang befand. Der Ortsname Pohl lässt sich übrigens direkt vom Limes ableiten, der auch oft auch als „Pfahl“ bzw. „Pfahlgraben“ überliefert wurde.
Im Kastell war eine unbekannte Vexillationseinheit mit ca. 80 Mann Besatzung stationiert, die den Waren- und Personenverkehr an der Grenze überwachen sollte und vielleicht auch am weiteren Limesausbau beteiligt war.
Zwischen 1897 und 1903 fanden wissenschaftliche Ausgrabungen statt. Hier stellte sich heraus, dass das Kastell aus der Zeit Ende des 1./Anfang des 2. Jahrhunderts n. Chr. stammt, d.h. aus der 1. Limesausbauphase. Das 34 x 43 Meter große Holz-Erde-Kastell bestand aus einem mit Rasensoden bedeckten Erdwall mit einer Holz-Brustwehr mit Wehrgang und Zinnen und war von einem einfachen Spitzgraben umgeben. Um eine massivere Steinbauweise vorzutäuschen, wurden die Holzpalisaden außen in der Optik einer Quadermauer mit rotem Fugenstrich gestrichen.
Die Innenbauten bestanden aus Holzfachwerk, die in U-Form angeordnet waren. Rechts und links befanden sich dabei die Mannschaftsbarracken (contubernium), das mittlere Gebäude war das Stabsgebäude. Es wurden 2 Wachtürme (WP 23a und WP 23b) gefunden, die aus verschiedenen Bauphasen stammen. Der ältere Holzturm stand etwas außerhalb des Kastells, ein später errichteter Steinturm lag im Inneren des Kastells.
Das Projekt „Limeskastell Pohl“ wurde von der Gemeinde Pohl und dem Verein „Förderkreises Limeskastell Pohl“ initiiert. Nach einer fast 10-jährigen Planungszeit mit wissenschaftlicher Beratung entstand zwischen 2009 und 2011 ein weltweit einzigartiger authentischer Nachbau eines kompletten Limes-Kleinkastells mitsamt Wachturm, das dem heutigen Forschungsstand entspricht.
Die Rekonstuktion des ohne Steine und Ziegel erbauten Holz-Erde-Kastells zeigt dem Besucher heute, wie ein Kastell aus der Zeit 1. Limesausbauphase um die Zeit zwischen ausgesehen haben könnte. In den Mannschaftsbaracken kann man eine komplett ausgestattete Mannschaftsunterkunft (contubernium) für 8 Mann und eine Ausstellung zu archäologischen Funden aus der Region besichtigen, während im Stabs- bzw. Verwaltungsgebäude (basilica) die Sonderausstellung „Mainzer Römersteine“, eine Leihgabe des Landesmuseums Mainz, zu sehen ist. Der über eine Brücke mit dem Kastell verbundene Wachturm ist begehbar und bietet neben einer kleinen Ausstellung auch einen schönen Blick über die Landschaft.
Das Limeskastell in Pohl ist Teil des UNESCO-Welterbes „Grenzen des Römischen Reiches“ und wird als Freilichtmuseum vom Verein „Förderkreises Limeskastell Pohl“ auf ehrenamtlicher Basis betrieben, deren ausgebildete Gästeführer die Besucher zu festen Zeiten durch die Anlage führen. Es können nach Absprache auch Führungen gebucht werden und man kann ab 2021 vor Ort Video- und Audiosequenzen mit weiterführenden Informationen auf das eigene Smartphone laden. Das jährliche Römerfest „LimesLive“ findet Mitte September statt.
Das Limeskastell ist zwischen März und Oktober von Freitag bis Sonntag und im Februar und November samstags und sonntags gegen Eintrittsgebühr geöffnet.
Lage: Limeskastell Pohl, Kirchstraße, 56357 Pohl
Link: www.limeskastell-pohl.de