In Welzheim lagen mit dem Ostkastell, dem Westkastell und dem Kleinkastell Rötelsee gleich 3 Kastelle, so dass anzunehmen ist, dass es sich hier um einen wichtigen Truppenstandort am Südteil des Obergermanischen Limes handelte.
Das Ostkastell von Welzheim war ein Numeruskastell und der Standort einer Numeruseinheit mit unbekanntem Namen. Überlieferte Inschriften weisen auf einen dort stationierten „Numerus Brittonum L…“ und zusätzlich eine Einheit von „Exploratores“ (berittene Kundschafter) hin, die hier mit jeweils ca. 160 Mann stationiert waren. Das Ostkastell wurde spätestens zwischen 163 und 165 n. Chr. erbaut und bestand bis etwa 220 oder 230 n. Chr., als es vermutlich zugunsten des wesentlich größeren Westkastells ganz aufgegeben wurde.
Das Kastell ist in mehrerlei Hinsicht ungewöhnlich „unsymmetrisch“. Zunächst ist sein Grundriss mit etwa 123 x 130 bzw. 136 m (1,6 ha) nicht ganz rechtwinklig. Außerdem ist jedes der 4 Lagertore unterschiedlich gebaut: das Haupttor im Westen hatte 2 flankierende Türme, das Osttor nur 1 und die beiden Seitentore gar keine Türme. Auch der leicht versetzt stehende nordöstliche Eckturm und die 3 unsymmetrisch angeordneten Zwischentürme an der West- und Nordmauer passen nicht ganz ins sonst übliche Schema.
Das alles spricht dafür, dass das Kastell mehrere Umbauphasen durchlief. Vielleicht stürzten aber auch Mauerteile aufgrund einer ungünstigen Geologie des Bodens und des relativ starken Richtung Süden abfallenden Geländes ein und mussten daher repariert werden. Die Umwehrung aus Stein mit 2 umlaufenden Spitzgräben außen und innenliegendem Wehrgang an der Westseite und einer Wallanschüttung an der Südseite entspricht wieder eher dem sonst üblichen Bauschema eines Limeskastells.
Erste Ausgrabungen fanden bereits Ende des 19. Jahrhunderts durch die Reichslimeskommission statt. Zwischen 1976 und 1981 wurde dann vor allem die Kastellumwehrung erforscht und anschließend das Westtor, ein Teil der West- und Südmauer und der Graben auf den Originalfundamenten rekonstruiert und die Reste des südwestlichen Eckturms konserviert. Von der Innenbebauung wurden bisher nur 2 Steingebäude ausgegraben, der Rest verblieb für spätere Untersuchungen bewusst unter der Oberfläche. Das eine Gebäude ist mit ziemlicher Sicherheit ein Badegebäude, das eventuell erst nach Abzug der Truppen erbaut wurde, das andere wurde noch nicht eindeutig identifiziert. Vielleicht können einige der Rätsel des Ostkastells ja in zukünftigen Untersuchungen geklärt werden.
Heute fällt dem Besucher im Archäologischen Park vor allem die rekonstruierte westliche Toranlage mit den angrenzenden Teilen der West- und Südmauer ins Auge. Nach den neuesten Forschungen waren die Türme des Tors ursprünglich höher als in der rekonstruierten Form. Einer der Brunnen in der südwestlichen Lagerecke konnte nach Funden relativ gut rekonstruiert werden. Die Lagerstraßen und die beiden Steingebäude sind auf dem Gelände mit Steinplatten markiert, Bäume und Büsche markieren Tore und Umwehrung. Auf dem Gelände gibt es außerdem ein Lapidarium mit Kopien von Reliefs und Götterstatuen. Informationstafeln auf dem Gelände, ein Infopavillon und ein Bronzemodell der Welzheimer Kastell-Landschaft geben weitere Informationen über das Kastell und den Limes.
Das nur gut 500 m entfernte „Westkastell“ der Ala I Scrubulorum mit einer Besatzung von ca. 500 Reitern war spätestens ab 160/165 n. Chr. das Hauptkastell von Welzheim. Es wurde zwar bereits lokalisiert und teilweise ausgegraben, ist aber heute unter der modernen Bebauung verborgen. Auch das zwischen Ost- und Westkastell lokalisierte Lagerdorf ist heute komplett überbaut. Das Kleinkastell Rötelsee, etwa 1,75 km nördlich gelegen, ist hingegen sichtbar. Der Limesverlauf ist im Ortsgebiet von Welzheim auch noch nicht komplett geklärt. Würde man die bisher gesicherte Linie ergänzen, läge das Ostkastell außerhalb des Limes. Daher vermutet man, dass der Limes in Welzheim einen „Umweg“ ans Ufer der Lein machte.
Die Ausgrabungsfunde aus den Welzheimer Kastellen (u.a. Brunnenfunde wie Lederschuhe, eine Reitermaske, ein bronzener Schildbuckel und Tafelgeschirr) sind im Städtischen Museum Welzheim zu sehen.
Der Archäologische Park im Ostkastell Welzheim ist seit 2005 Teil des UNESCO-Welterbes “Grenzen des Römischen Reiches” und ist jederzeit frei zugänglich. Die Tortürme sind zu bestimmten Zeiten am Wochenende geöffnet und mit einem Limes-Cicerone als „Kastellwache“ besetzt, der auch kurze Führungen durch das Kastell macht. Die Welzheimer Römertage finden etwa alle 3 Jahre im Juni auf dem Kastellgelände statt.
Lage: Ostkastell Welzheim, Rienharzer Str. 95A, 73642 Welzheim