Auf dem Außengelände des Archäologischen Parks von Aalen kann man sich die Dimensionen eines römischen Limeskastells noch gut vorstellen – obwohl heute nur noch etwa 1/3 der ehemaligen Kastellfläche zu sehen sind. Doch allein die Dimension des Stabsgebäudes, das in Grundmauern konserviert ist, sind gewaltig.
Das Reiterkastell der Ala II Flavia Miliaria Pia Fidelis war mit einer Fläche von gut 6 ha (277 x 214 m) das größte seiner Art nördlich der Alpen und zugleich der Hauptsitz der Militärverwaltung des raetischen Limesabschnitts. Das Kastell wurde 160 n. Chr. erbaut und war bis 260/270 n. Chr. der Standort der größten Truppe am gesamten Limes, die aus rund 1000 berittenen Soldaten und 1200-2000 Pferden bestand. Der heutige Name der Stadt Aalen erinnert noch heute an das lateinische Wort ala = Reitertruppe.
Nach außen hin war das Steinkastell mit seiner 6 Meter hohen Wehrmauer gut befestigt und von 4 Gräben umschlossen. In der Lagermauer befanden sich an allen 4 Seiten insgesamt 19 Meter breite und 11 Meter hohe Doppeltore mit 2 Durchfahrten, die so breit waren, dass jeweils 2 Reiter bequem nebeneinander hindurchreiten konnten. Die Mauer war in regelmäßigen Abständen mit insgesamt 4 zweigeschossigen Ecktürmen und 12 Zwischentürmen versehen und im Inneren verlief ein hölzerner Wehrgang, auf denen die Soldaten patrouillierten. Die Mauer war weiß verputzt und mit einem roten Fugenstrich versehen, so dass das Kastell von außen sicher sehr imposant gewirkt haben muss.
Auf dem Kastellgelände befand sich ein 70 x 60 Meter großes Stabsgebäude (principia) mit einer 18 m hohen Vorhalle und einem Fahnenheiligtum (aedes), unter dem der Keller für die Truppenkasse (aerarium) lag. Daneben lag das Wohnhaus des Kommandanten (praetorium), ein Getreidespeicher (horreum), ein Wirtschaftsbau und ein Lazarett (valetudinarium). Die 12 Doppelbaracken, in denen die Mannschaft mit ihren Pferden untergebracht waren, verteilten sich über das restliche Gelände und waren aus Holz in Fachwerkkonstruktion gebaut.
An das Gelände schloss sich im Süden und Osten ein vicus an, wo sich auch das Kastellbad befand. Straßenverbindungen führten nach Westen ins Neckartal, nach Süden über die Alb an die Donau und nach und Osten ins Nördlinger Ries.
Die ersten systematischen Ausgrabungen wurden bereist 1894/95 durch die Reichslimeskommission vorgenommen und 1964 wurde das erste Limesmuseums gegründet, nachdem man zunächst nur das linke Kastelltor (porta principalis sinistra) ausgegraben und konserviert hatte. Das Museum wurde 1980-86 nach der Konservierung des Stabsgebäudes um ein Außengelände erweitert, das 1999 und 2005 um weitere Ausgrabungen ergänzt wurde. Bisher sind allerdings nur etwa 1/3 des gesamten Kastellareals ausgegraben, da sich der Rest unter dem alten St. Johann-Friedhof bzw. der modernen Bebauung befindet.
Heute sind im Archäologischen Park noch die Grundmauern des monumentalen Stabsgebäudes, eine Teilrekonstruktion einer Reiterkaserne mit Pferdestall und Wohnstube der Soldaten (contubernium), Kopien römischer Steindenkmäler, Nachbauten eines Schmiede- und Backofens und der Nachbau eines römischen Baukrans zu sehen. Vor dem Museumseingang liegen die konservierten Grundmauern des linken Lagertors, im Foyer befindet sich an seiner originalen Stelle die Rekonstruktion eines in Stein gefassten, 8 m tiefen römischen Brunnens, an dem sich die Soldaten und Pferde mit frischem Wasser versorgen konnten.
Im Museum, das nach 2,5jähriger Umbauphase und Erweiterung 2019 wiedereröffnet wurde, sind Originalfunde aus Aalen und der Umgebung ausgestellt, u.a. die Reste einer Kaiserstatue, Waffen, Ausrüstungsteile, Lederschuhe, ein Depotfund aus Bronze und Weihesteine. Man kann sich so wunderbar über den Limes und das Leben der Soldaten und Zivilisten in der Grenzregion informieren.
Das Museumskino zeigt zusätzlich die Multimediaproduktion „Am Rande des Imperiums“ und an einzelnen Stationen im Museum und im archäologischen Park erhält man an Hörstationen weitere Informationen über den Alltag am Limes.
Das Reiterkastell in Aalen ist seit 2005 Teil des UNESCO-Welterbes „Grenzen des Römischen Reiches“. Das Limesmuseum Aalen ist ein Zweigmuseum des Archäologischen Landesmuseums (alm) in Konstanz und ist täglich außer montags geöffnet. Eintrittsgebühr. Es finden regelmäßig Erlebnisführungen, Sonderveranstaltungen (Archäologietag, Handwerkertag), Feste oder Familientage mit Mitmachaktionen statt und alle 2 Jahre die „Römertage Aalen“.
Lage: Limesmuseum Aalen, St.-Johann-Straße 5, 73430 Aalen
Link: www.limesmuseum.de